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Rattenkönig Birlibi
Ich will die Geschichte erzählen von dem Rattenkönig Birlibi, eine
Geschichte, die mir Balzer Tievs aus Preseke oft erzählt hat nebst
vielen andern Geschichten. Balzer war ein Knecht, der auf meines
Vaters Hofe diente, als ich acht, neun Jahre alt war, ein Mensch von
schalkischen Einfällen, der viele Geschichten und Märchen wußte. Die
Geschichte von dem Rattenkönig Birlibi lautet also:
In dem stralsundischen Dorfe Altenkamp, welches zwischen Garz und
Putbus seitwärts am Strande liegt, hat vormals ein reicher Bauer
gelebt, der hieß Hans Burwitz. Das war ein ordentlicher, kluger Mann,
dem alles, was er angriff, geriet, und der im ganzen Dorfe die beste
Wehr hatte. Er hatte sechzehn Kühe, vierzig Schafe, acht Pferde und
zwei Füllen auf dem Stalle und in den Koppeln, glatt wie die Aale und
von so guter Zucht, daß seine Füllen auf dem Berger Pferdemarkt immer
zu acht bis zehn Pistolen das Stück bezahlt wurden. Dazu hatte er
sechs hübsche Kinder, Söhne und Töchter, und es ging ihm so wohl, daß
die Leute ihn wohl den reichen Bauer zu Altenkamp zu nennen pflegten.
Dieser Mann ist durch nächtliche Gänge im Walde um all sein Vermögen
gekommen.
Hans Burwitz war auch ein starker Jäger, besonders hatte er eine
treffliche Witterung auf Füchse und Marder und war deswegen oft des
Nachts im Walde, wo er seine Eisen gelegt hatte und auf den Fang
lauerte. Da hat er im Dunkeln und im Zwielichte der Dämmerung und
des Mondscheins manche Dinge gesehen und gehört, die er nicht
wiedererzählen mochte, wie denn im Walde des Nachts viel Wunderliches
und Absonderliches vorgeht; aber die Geschichte von dem Rattenkönig
Birlibi hat man von ihm erfahren. Hans Burwitz hatte in seiner
Kindheit oft von einem Rattenkönig erzählen hören, der eine goldene
Krone auf dem Kopfe trage und über alle Wiesel, Hamster, Ratten,
Mäuse und anderes dergleichen Springinsfeldisches und leichtes
Gesindel herrsche und ein gewaltiger Waldkönig sei; aber er hatte nie
daran glauben wollen. Manches liebe Jahr war er auch im Walde auf
Fuchs- und Marderfang und Vogelstellerei rundgegangen und hatte vom
Rattenkönig auch nicht das mindeste weder gesehen noch gehört. Da
mochte der Rattenkönig aber wohl in einer anderen Gegend sein Wesen
getrieben haben. Denn er hat viele Schlösser in allen Ländern unter
den Bergen und zieht beinahe jedes Jahr auf ein anderes Schloß, wo er
sich mit seinen Hofherren und Hofdamen erlustigt. Denn er lebt wie
ein sehr vornehmer Herr, und der Großmogul und König von Frankreich
kann keine bessere Tage haben, und die Königin von Antiochien hat sie
nicht gehabt, die ihr Vermögen in Herzen von Paradiesvögeln und
Gehirnen von Nachtigallen aufgefressen hat. Und das glaube nur nicht,
daß dieser Rattenkönig und seine Freunde Nüsse und Weizenkörner und
Milch je an ihren Schnabel bringen; nein, Zucker und Marzipan ist ihr
tägliches Essen, und süßer Wein ist ihr Getränk, und leben besser als
König Salomon und Feldhauptmann Holofernes.
Nun ging Hans Burwitz wieder einmal nach Mitternacht in den Wald und
war auf der Fuchslauer. Da hörte er aus der Ferne ein vielstimmiges
und kreischendes Getöse, und immer klang mit heller Stimme heraus:
Birlibi! Birlibi! Birlibi! Da erinnerte er sich des Märchens vom
Rattenkönig Birlibi, das er oft gehört hatte, und er dachte: "Willst
mal hingehen und zusehen, was es ist!" Denn er war ein beherzter Mann,
der auch in der stockfinstersten Nacht keine Furcht kannte. Und er
war schon auf dem Sprunge zu gehen, da bedachte er das Sprichwort:
"Bleib weg, wo du nichts zu tun hast, so behältst du deine Nase";
aber das Birlibi tönte ihm nach, solange er im Walde war. Und die
andere Nacht und die dritte Nacht war es wieder ebenso. Er aber ließ
sich nichts anfechten und sprach: "Laß den Teufel und sein Gesindel
ihr tolles Wesen treiben, wie sie wollen! Sie können dem nichts tun,
der sich nicht mit ihnen abgibt." Wollte Gott, Hans hätte es immer so
gehalten! Aber die vierte Nacht hat es ihn übermächtigt, und er ist
wirklich in die bösen Stricke geraten.
Es ist der Walpurgisabend gewesen, und seine Frau hat ihn gebeten, er
möge diese Nacht nur nicht in den Wald gehen, denn es sei nicht
geheuer, und alle Hexenmeister und Wettermacherinnen seien auf den
Beinen, die können ihm was antun; denn in dieser Nacht, die das ganze
höllische Heer loslasse, sei schon mancher Christenmensch zu Schaden
gekommen. Aber er hat sie ausgelacht und hat es eine weibische
Furcht genannt und ist seines gewöhnlichen Weges in den Wald gegangen,
als die andern zu Bett waren. Da ist ihm aber der König Birlibi zu
mächtig geworden. Anfangs war es diese Nacht im Walde eben wie die
vorigen Nächte, es tosete und lärmte von fern, und das Birlibi klang
hell darunter; und was über seinem Kopfe durch die Wipfel der Bäume
schwirrte und pfiff und rauschte, das kümmerte Burwitz nicht viel,
denn an Hexerei glaubte er gar nicht und sagte, es seien nur
Nachtgeister, wovor dem Menschen graue, weil er sie nicht kenne, und
allerlei Blendwerke und Gaukeleien der Finsternis, die dem nichts tun
können, der keinen Glauben daran habe. Aber als es nun Mitternacht
ward und die Glocke zwölf geschlagen hatte, da kam ein ganz anderes
Birlibi aus dem Walde hervor, daß Hansen die Haare auf dem Kopfe
kribbelten und sauseten und er davonlaufen wollte. Aber die waren
ihm zu geschwind, und er war bald mitten unter dem Haufen und konnte
nicht mehr heraus.
Denn als es zwölf geschlagen hatte, tönte der ganze Wald mit einem
Male wie von Trommeln und Pauken und Pfeifen und Trompeten, und es
war so hell darin, als ob er plötzlich von vielen tausend Lampen und
Kerzen erleuchtet worden wäre. Es war aber diese Nacht das große
Hauptfest des Rattenkönigs, und alle seine Untertanen und Leute und
Mannen und Vasallen waren zur Feier desselben aufgeboten. Und es
schienen alle Bäume zu sausen und alle Büsche zu pfeifen und alle
Felsen und Steine zu springen und zu tanzen, so daß Hansen
entsetzlich bange ward; aber als er weglaufen wollte, verrannten ihm
so viele Tiere den Weg, daß er nicht durchkommen konnte und sich
ergeben mußte, stehenzubleiben, wo er war. Es waren da die Füchse
und die Marder und die Iltisse und Wiesel und Siebenschläfer und
Murmeltiere und Hamster und Ratten und Mäuse in so zahlloser Menge,
daß es schien, sie waren aus der ganzen Welt zu diesem Feste
zusammengetrommelt. Sie liefen und sprangen und hüpften und tanzten
durcheinander, als ob sie toll waren; sie standen aber alle auf den
Hinterfüßen, und mit den Vorderfüßen trugen sie grüne Zweige aus
Maien und jubelten und toseten und heulten und kreischten und pfiffen
jeder auf seine Weise. Kurz, es war das ganze leichte Diebsgesindel
der Nacht beisammen und machten gar ein scheußliches Geläute und
Gebimmel und Getümmel durcheinander. In den Lüften ging es ebenso
wild als auf der Erde; da flogen die Eulen und Krähen und Käuze und
Uhus und Fledermäuse und Mistkäfer bunt durcheinander und
verkündigten mit ihren gellenden und kreischenden Kehlen und mit
ihren summenden und schwirrenden Flügeln die Freude des hohen Tages.
Als Hans erschrocken und erstaunt sich mitten in dem Gewimmel und
Geschwirr und Getöse befand und nicht wußte, wo aus noch ein, siehe,
da leuchtete es mit einem Male heller auf, und nun sangen viele
tausend Stimmen zugleich, daß es in fürchterlich grauslicher
Feierlichkeit durch den Walde schallte und Hansen das Herz im Leibe
bebte:
Macht auf! Macht auf! Macht auf die Pforten!
Und wallet her von allen Orten!
Geladen seid ihr allzugleich;
Der König ziehet durch sein Reich.
Ich bin der große Rattenkönig.
Komm her zu mir, hast du zu wenig!
Von Gold und Silber ist mein Haus,
Das Geld mess' ich mit Scheffeln aus.
So klang es im feierlichen und langsamen Gesange fort, und dann
schallten immer wieder einzelne kreischende und gellende Stimmen mit
widerlichem Laute darunter Birlibi! Birlibi! und die ganze Menge
rief Birlibi! nach, daß es durch den Wald schallte. Und es war der
Rattenkönig, welcher einhergezogen kam. Er war ungeheuer groß wie
ein Mastochs und saß auf einem goldenen Wagen und hatte eine goldene
Krone auf dem Haupte und hielt ein goldenes Zepter in der Hand, und
neben ihm saß seine Königin und hatte auch eine goldene Krone auf und
war so fett, daß sie glänzte; und sie hatten ihre langen kahlen
Schwänze hinter sich zusammengeschlungen und spielten damit, denn
ihnen war sehr wohlig zumute. Und diese Schwänze waren das
Allerscheußlichste, was man da sah; aber der König und die Königin
waren auch scheußlich genug. Und der Wagen, worin sie saßen, ward
von sechs magern Wölfen gezogen, die mit den Zähnen fletschten, und
zwei lange Kater standen als Heiducken hinten auf und hielten
brennende Fackeln und miauten entsetzlich. Dem Rattenkönig und der
Rattenkönigin war aber vor ihnen nicht bange; sie schienen hier zu
gewaltige Herren und Könige über alle zu sein. Es gingen auch zwölf
geschwinde Trommelschläger dem Wagen voran und trommelten. Das waren
Hasen; die müssen die Trommel schlagen und andern Mut machen, weil
sie selbst keinen haben.
Hansen war schon bange genug gewesen; jetzt aber, als er den
Rattenkönig und die Rattenkönigin und die Wölfe und Kater und Hasen
so miteinander sah, da schauderte ihm die Haut auf dem ganzen Leibe,
und sein sonst so tapferes Herz wollte fast verzagen, und er sprach
bei sich: "Hier mag der Henker länger bleiben, wo alles so wider die
Natur geht! Ich habe auch wohl von Wundern gelesen und gehört; aber
sie gingen doch immer etwas natürlich zu. Daß dies aber buntes
Teufelsspiel ist und teuflisches Pack, sieht man wohl. Wer nur
heraus wäre!"
Und Hans machte noch einen Versuch, sich heraus zu drängen; aber der
Zug brauste immer frisch fort durch den Wald, und Hans mußte mit. So
ging es, bis sie an eine äußerste Ecke des Waldes kamen. Da war ein
offenes Feld und hielten viele hundert Wagen, die mit Speck und
Fleisch und Korn und Nüssen und anderen Eßwaren beladen waren. Einen
jeden Wagen fuhr ein Bauer mit seinen Pferden, und die Bauern trugen
die Säcke Korn und das Speck und die Schinken und Mettwürste und was
sie sonst geladen, hinab in den Wald, und als sie Hans Burwitz stehen
sahen, riefen sie ihm zu: "Komm! Hilf auch tragen!" Und Hans ging
hin und lud mit ab und trug mit ihnen; er war aber so verwirrt, daß
er nicht wußte, was er tat. Es deuchte ihm aber in dem Zwielichte,
als sehe er unter den Bauern bekannte Gesichter, und unter andern den
Schulzen aus Krakvitz und den Schmied aus Casnevitz; er ließ sich
aber nichts merken, und jene taten auch wie unbekannte Leute. Mit
den Bauern aber hatte es die Bewandnis: sie hatten sich dem
Rattenkönig und seinem Anhange zum Dienst ergeben und mußten ihnen in
der Walpurgisnacht, wo des Rattenkönigs großes Fest steht, immer den
Raub zu dem Walde fahren, den Rattenkönigs Untertanen einzeln aus
allen Orten der Welt zusammengemaust und zusammengestohlen hatten.
Und Hans kam nun auch ganz unschuldig dazu und wußte nicht wie.
Sowie die Säcke und das andere in den Wald getragen wurden, war das
wilde Diebsgesindel darüber her, und es ging Grips! Graps! und Rips!
Raps! hast du mir nicht gesehen, und jeder griff zu und schleppte
sein Teil fort, so daß ihrer immer weniger wurden. Der König aber
hielt noch da in seinem hohen und prächtigen Wagen, und es tanzeten
und toseten und lärmten noch einige um ihn. Als aber alle Wagen
abgeladen waren, da kamen wohl hundert große Ratten und gossen Gold
aus Scheffeln auf das Feld und auf den Weg und sangen dazu:
Hände her! Mützen her!
Wer will mehr? Wer will mehr?
Lustig! Lustig! Heut geht's toll,
Lustig! Händ' und Mützen voll!
Und die Bauern fielen wie die hungrigen Raben über das ausgeschüttete
Gold her und griffelten und graffelten und drängten und stießen sich,
und jeder raffte so viel auf von dem roten Raube, als er habhaft
werden konnte, und Hans war auch nicht faul und griff rüstig mit zu.
Und als sie in bester Arbeit waren wie Tauben, worunter man Erbsen
geworfen, siehe, da krähete der Morgenhahn, wo das heidnische und
höllische Reich auf der Erde keine Macht mehr hat--und in einem hui
war alles verschwunden, als wäre es nur ein Traum gewesen, und Hans
stand ganz allein da am Walde. Und der Morgen brach an, und er ging
mit schwerem Herzen nach Hause. Er hatte aber auch schwere Taschen
und schönes rotes Gold darin; das schüttete er nicht aus. Seine Frau
war ganz ängstlich geworden, daß er so spät zu Hause kam, und sie
erschrak, als sie ihn so bleich und verstört sah, und fragte ihn
allerlei. Er aber fertigte sie nach seiner Gewohnheit mit Scherz ab
und sagte ihr nicht ein Sterbenswörtchen von dem, was er gesehen und
gehört hatte.
Hans zählte sein Gold (es war ein hübsches Häuflein Dukaten), legte
es in den Kasten und ging die ersten Monate nach diesem Abenteuer
nicht in den Wald. Er hatte ein heimliches Grauen davor. Dann
vergaß er, wie es dem Menschen geht, die Walpurgisnacht und ihr
schauerliches und greuliches Getümmel allmählich und ging nach wie
vor im Mond- und Sternenschein auf seinen Fuchs- und Marderfang. Von
dem Rattenkönig und seinem Birlibi sah und hörte er nichts mehr und
dachte zuletzt selten daran. Aber als es gegen den Frühling ging,
veränderte sich alles; er hörte zuweilen um die Mitternacht wieder
das Birlibi klingen, daß seine mattesten Haare auf dem Kopfe ihm
lebendig wurden, und lief dann zwar immer geschwinde aus dem Walde,
hatte aber dabei doch seine heimlichen Gedanken auf die
Walpurgisnacht; und weil das, was die Menschen bei Tage denken, ihnen
bei Nacht im Traume wiederkommt und allerlei spielt und spiegelt und
gaukelt, so blieb auch der Rattenkönig mit seiner Nachtgaukelei nicht
aus, und Hans träumte oft, als stehe der Rattenkönig vor seiner Türe
und klopfe an; und er machte ihm dann auf und sah ihn leibhaftig, wie
er damals in dem Wagen gesessen, und er war nun ganz von lauterem
Golde und auch nicht so häßlich, als er ihm damals vorgekommen, und
Rattenkönig sang ihm mit der allersüßesten Stimme, von der man nicht
glauben wollte, daß eine Rattenkehle sie haben könnte, den Vers vor:
Ich bin der große Rattenkönig.
Komm her zu mir, hast du zu wenig!
Von Gold und Silber ist mein Haus,
Das Geld mess' ich mit Scheffeln aus.
Und dann kam er dicht zu ihm heran und flüsterte ihm ins Ohr: "Du
kommst doch wieder zur Walpurgisnacht, Hans Burwitz, und hilfst Säcke
tragen und holst dir deine Taschen voll Dukaten?" Zwar hatte Hans,
wann er aus solchen Träumen erwachte, neben der Freude über das Gold
immer ein Grauen, und er sprach dann wohl: "Warte nur, Prinz Birlibi,
ich komme dir nicht zu deinem Feste!" Aber es ging ihm, wie es andern
Leuten auch gegangen ist, und das alte Sprichwort sollte an ihm auch
wahr werden: Wen der Teufel erst an einem Faden hat, den führt er
auch wohl bald am Strick. Genug, je näher die Walpurgisnacht kam,
desto mehr wuchs in Hans die Gier, auch dabei zu sein. Doch nahm er
sich fest vor, dem Bösen diesmal nicht den Willen zu tun, und ging
den Walpurgisabend auch glücklich mit seiner Frau zu Bett. Aber er
konnte nicht einschlafen; die Wagen mit den Säcken und die Bauern und
die großen Ratten, die das Gold aus Scheffeln auf den Boden
schütteten, fielen ihm immer wieder ein, und er konnte es nicht
länger aushalten im Bette, er mußte aufstehen und sich von der Frau
fortschleichen und in den finstern Wald laufen. Und da hat er diese
zweite Nacht ebenso wieder erlebt als das erstemal. Er hatte sich
ein Säckchen mitgenommen für das Gold und hatte auch viel reichlicher
eingesammelt als das vorige Jahr.
Nun deuchte ihm, habe er des Goldes genug, und er tat einen hohen
Schwur, er wolle sich nimmer wieder in die Versuchung geben und auch
nie wieder in den Wald gehen. Und er hat den Schwur gehalten und
sich selbst überwunden, daß er nicht in den Wald gegangen ist und
keine Walpurgisnacht wieder mitgehalten hat, so oft ihm auch noch von
dem Birlibi und dem goldenen Rattenkönige geträumt hat. Er hat das
aber nicht in seinem Herzen sitzen lassen, sondern hat es mit
eifrigem Gebet wieder ausgetrieben und den Bösen endlich müd, gemacht,
daß er von ihm gewichen ist. So war manches Jahr vergangen, und
Hans hieß ein sehr reicher Mann. Er hatte sich für seine Dukaten
Dörfer und Güter gekauft und war ein Herr geworden. Es munkelte auch
unter den Leuten, es gehe nicht mit rechten Dingen zu mit seinem
Reichtum; aber keiner konnte ihm das beweisen. Aber endlich ist der
Beweis gekommen.
Der Böse lauerte auf den armen Mann, an dem er schon einige Macht
gewonnen hatte. Er war ergrimmt auf ihn, weil er von seinen hohen
Festen in der Walpurgisnacht ganz ausblieb, und als Hans einmal
wieder mit sündlicher Lüsternheit an das Goldsammeln gedacht und
darüber das Abendgebet vergessen, auch einige unchristliche Flüche
über eine Kleinigkeit getan hatte, hat er mit seinem Gesindel
hervorbrechen können, und Hans hat nun gelernt, was das goldene
Spielwerk des Königs Birlibi eigentlich auf sich habe. Seit dieser
Zeit hat Hans weder Stern noch Glück mehr in seiner Wirtschaft gehabt.
Wieviel er sich auch abmattete, er konnte nichts mehr vor sich
bringen, sondern es ging von Tage zu Tage mehr rückwärts. Seine
ärgsten Feinde aber waren die Mäuse, die ihm im Felde und in den
Scheunen das Korn auffraßen, die Wiesel, Ratten und Marder, die ihm
die Hühner, Enten und Tauben abschlachteten, die Füchse und Wölfe,
die seine Lämmer, Schafe, Füllen und Kälber holten. Kurz, das
Gesindel hat es so arg gemacht, daß Hans in wenigen Jahren um Güter
und Höfe, um Pferde und Rinder, um Schafe und Kälber gekommen ist und
zuletzt nicht ein einziges Huhn mehr hat sein nennen können. Er hat
als ein armer Mann mit dem Stock in der Hand nebst Weib und Kindern
von Haus und Hof gehen und sich auf seinen alten Tagen als Tagelöhner
ernähren müssen.
Da hat er oft die Geschichte erzählt, wie er zu dem Reichtum gekommen
und aus dem Bauern ein Edelmann geworden ist, und hat Gott gedankt,
daß er Ratten und Mäuse als seine Bekehrer geschickt und ihn so arm
gemacht hat. "Denn sonst", hat der arme Mann gesagt, "Wäre ich wohl
nicht in den Himmel gekommen, und der Teufel hätte seine Macht an mir
behalten, und ich hätte dort jenseits endlich auch nach des
Rattenkönigs Pfeife tanzen müssen." Das hat er auch dabei erzählt,
daß solches Gold, das man auf eine so wundersame und heimliche Weise
gewinne, doch keinen Segen in sich habe; denn ihm sei bei allen
seinen Schätzen doch nie so wohl ums Herz gewesen als nachher in der
bittersten Armut; ja, er sei ein elenderer Mann gewesen, da er als
Junker mit Sechsen gefahren, als nachher, da er oft froh gewesen,
wenn er des Abends nur Salz und Kartoffeln gehabt habe.